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Ohne Sorgen

01. August 2022

im Jahr 1207 ereignet sich in einer italienischen Stadt, in einer der vornehmsten Familien ein gewaltiger Familienkrach. Ein junger Mann weigert sich, so zu leben wie sein Vater, der ein großer Tuchhändler ist. Der Vater ist dienstlich in ganz Europa unterwegs. Er würde sich freuen, ja er verlangt, dass sein Sohn seine Nachfolge antritt. Aber der Sohn, schon ziemlich verkommen aussehend, lange Haare, schmuddelige Hose, barfuß auf dem feinen Marmor stehend, er will nicht. Ganz und gar nicht.

Er knallt dem Vater das Studiengeld vor die Füße, wirft den ordentlichen Anzug in die Ecke und teilt wütend mit, dass er diesen Tuchhändler nicht länger als seinen Vater betrachte. Und dass er dessen Lebensweise nicht länger gutheiße. Der Sohn hat andere Pläne: Er zieht es vor, alternativ zu leben. Und dann zieht Giovanni Francesco Bernardone, so heißt der junge Mann, los, um sein eigenes Leben zu leben. Er beendet seine Offizierslaufbahn beim Militär. Stattdessen beginnt er, Kranke zu pflegen. Ohne Sorgen! Glücklicher als der Vater! Das ist sein Plan.

Und so erklärt er: Der einzige Vater, den er zukünftig anzuerkennen gedenke, sei Gott: Der werde für ihn sorgen. Das sei versprochen. Den wolle er beim Wort nehmen.

Und so wandert Franz Bernadone an abseits gelegene Orte, sammelt Freunde. Um sich herum andere Aussteiger aus der Welt, in der Leistung und Besitz alles bedeuten und die Liebe wenig.

Wenn Wanderer vorbeikommen, ist immer Zeit für ein Gespräch. Franz Bernadone ist mit wenig zufrieden und lebt einfach. Wenn sonst keiner da ist, redet der junge Mann schon mal mit den Vögeln und mit den Bäumen, von deren Sorglosigkeit er lernt.

Franz ist glücklich, kein Zweifel, auch wenn die Nächte manchmal kalt sind. Aus dem aufsässigen Franz Bernadone wird ein sehr berühmter Heiliger werden. Er ist besser bekannt unter dem Namen Franz von Assisi (1181-1226).

Mir gibt diese Geschichte insofern zu denken, als dass ich selbst ganz und gar nicht sorglos bin. Ich sorge mich, wenn ich an den Krieg in der Ukraine denke. An all die Opfer und den Tod. An das Leiden unschuldiger Menschen. An die klimatischen Entwicklungen, unseren hohen Ressourcenverbrauch. Ich sorge mich ebenso in den Herausforderungen des Lebens, um die Gesundheit und die Lebenszeit, die mir geschenkt ist, und um all die Menschen, die mir nahe stehen. Und um die, für die ich mich verantwortlich fühle.

Franziskus ist sorglos. Ist er leichtsinnig?

Im 1. Petrusbrief lesen wir: „Alle eure Sorgen werft auf Gott, denn er sorgt für euch.“ (1. Petr 5,7) Jesus meint: „Sorget nicht um euer Leben, was ihr essen oder trinken werdet.“ (Mt 6,25)

Franziskus nimmt diese Sätze beim Wort. Er vertraut ganz uneingeschränkt auf Gott. Was immer passiert, aus Gottes Hand - so glaubt er - könne er nicht herausfallen.

In diesem hingebungsvollen Vertrauen wurzelt das Glück des sorglosen Heiligen, seine Freiheit, und seine innere Ruhe.

„Alle eure Sorgen werft auf Gott, denn er sorgt für euch.“ Ohne Sorgen zu leben - das wäre schön. Darum möchte ich von Franziskus lernen. Von ihm, dem heiteren Heiligen. Und was die Sorgen angeht, die bleiben: die Angst etwa, die Unsicherheit, die Einsamkeit manchmal, oder Trauer und Traurigkeit:

Wir sind dafür da, einander die Sorgen anzuvertrauen, zu trösten und zu stärken.
Das ist Gottes Weg zu unserem Glück, der uns im Sommer zuweilen hinaus in Weite führt. (Ps 18,2).

Ich wünsche Ihnen und euch sorgenfreie Momente im Sommer! Und dass die Umstellung in den Ferienmodus gelingen möge. Es ist okay, einmal abzuschalten von den Problemen und neue Kraft zu schöpfen. Denn mit allen Sorgen lösen wir die Probleme nicht.

Ob Sie wohl gelegentlich auch gute Gespräche mit den Bäumen und den Vögeln führen?

Gott möge seine Engel mit Ihnen senden und Gnade zu Ihrer Reise geben.
Und Gott spricht: „Siehe, ich bin mit dir und will dich behüten, wohin du ziehst.“ (Gen 28,15a)

Ihr
Pastor Gerd Florian Beckert